Seit Stunden röhrt der Diesel hinter uns und macht jedes Gespräch sehr schwierig, wenn nicht gar unmöglich. Dennoch haben wir uns für einen Platz auf dem Gepäckdeck entschieden und sitzen nicht in der engen kühl klimatisierten Kabine des Expressbootes, das mit durchschnittlich 46 km/h von Mjeik nach Kawthoung rauscht. Als Entschädigung für den Lärm gibt es frische Luft und eine wunderschöne Aussicht auf die Inselwelt des Mjeik-Archipels.
Vor 5 Tagen waren wir früh morgens mit dem Bus von Dawei nach Mjeik aufgebrochen, haben uns dann aber recht kurzfristig entschieden doch nur bis Palaw zu fahren um hier einen Tag Pause einzuschieben. Zum einen wird auch dieses Städtchen in keinem Reiseführer erwähnt, zum anderen konnten wir die 8 Stunden Busfahrt in eine 5 und eine 3 Stunden Etappe aufteilen und waren damit unserem generellen Wunsch nach Möglichkeit nicht mehr als 4 Stunden pro Tag unterwegs zu sein recht nahe gekommen. Am nächsten Morgen, bei unserem obligatorischen Rundgang über den lokalen Markt, fand uns dann unserer Führer für diesen Ort. U Mya Mog, ein frühpensionierter Lehrer, der seine mehr als bescheidene Pension durch Privatstunden an verschiedenen Schulen aufbessert, sprach uns an und bestand dann darauf uns den Ort zu zeigen. Dies war einerseits sehr nett, weil wir so auch Einblicke bekamen, die uns sonst nicht möglich gewesen wären, andererseits war es zeitweilig auch anstrengend weil er immer zu bestimmen versuchte wann wir wie lange wo bleiben können. Selbstverständlich konnte er keine Idee von unserem „Tempo“ und unserer Perspektive haben. Dennoch hatten wir manchmal den Eindruck, dass er uns benutzte um sein Ego oder sein Ansehen im Ort zu vergrößern. So wirkte er richtig eifersüchtig als uns ein alter Mönch zum Tee einlud und wir diese Einladung natürlich sofort annahmen und er damit erstmal nicht mehr so wichtig war. Wir waren „seine“ Gäste und lernten Verwandte und Schulklassen von ihm kennen zu denen er uns „schleppte“. Einzig der Kontakt zu seiner Frau, die ebenfalls als Lehrerin arbeitet, blieb uns verwehrt. Wir hatten versucht ihn zusammen mit seiner Frau, als Dankeschön für seine Mühen, zu einem gemeinsamen Abendessen einzuladen. Stattdessen wurden wir von ihm zum Essen bei Verwandten eingeladen, die uns äußerst großzügig bewirtet haben. Hier konnten wir uns gar nicht richtig von den Gastgebern verabschieden, so abrupt hatte U Mya Mog beschlossen, dass es Zeit zum Gehen ist.
In aller Frühe fand er sich am nächsten Morgen beim Busbahnhof ein um unsere Tickets zu überprüfen – was Angesichts der Tatsache, dass er am Vortag dabei war als wir diese gekauft haben, etwas bizarr anmutete. Wir sind nicht schlau aus ihm geworden und hatten die wildesten Phantasien was wohl hinter seinem Verhalten steckt.

„Green City“ Palaw, wirklich grün und nicht nur eine Imagekampagne wie in Freiburg.

Der Hafen von Palaw.

Frühstück an der Busstation.
Der Morgen-Bus von Palaw nach Mjeik war ein kleiner Minibus, dessen kleine Räder gut in die vielen Schlaglöcher der nach Süden hin immer schlechter werdenden Strasse passten. Zum Ausgleich war die Landschaft äußerst abwechslungsreich und ließ mich mal wieder von einem eigenen Fahrzeug träumen. Noch ist Myanmar Enduroland und es wäre toll wenn man dieses schöne Land mit einer eigenen Maschine bereisen könnte. Ein genauso schöner Traum stellte sich dann wieder in Mjeik ein als ich die traditionellen Frachtschiffe aus Edelhölzern in Hafen sah. Mit so einem Schiffchen durch Mjeik-Archipel fahren … bei 800 Inseln bräuchten wir überschlägig ca. 2 Jahre um halbwegs rumzukommen. Mjeik ist Hafenstadt und hat wie jeder Ort in Myanmar die eine und andere Pagode, mehr gibt es nicht, aber auch nicht weniger. Eine Besonderheit gab es aber dennoch zu sehen, Seeadler gehen hier im Hafen auf Jagd wie bei uns die Möven.
In Myeik haben wir zum ersten Mal seit über 2 Monaten wieder etwas Regen in Form eines kräftigen Gewitters erlebt. Zuletzt hatte es während des Ballonfestivals in Taunggyi Anfang November geregnet. Jetzt bekommen wir die Ausläufer der Regengebiete über Südthailand und Malaysia zu spüren, die dort in den letzten Wochen für heftige Überschwemmungen gesorgt haben. Wir müssen aber langsam weiter in Richtung Grenze weil unsere Visa für Myanmar am 11. Januar ablaufen. Deshalb werden wir morgen in gut 8 Stunden mit einem Expressboot durch das Myeik-Archipel nach Kawthoung ganz an der Südspitze Myanmars fahren um von dort nach Ranong in Thailand auszureisen. Natürlich ist es eine Schande in so kurzer Zeit durch ein landschaftlich so schönes Gebiet zu eilen, es gibt aber leider keine Möglichkeit für Ausländer irgendwo auf einer Insel einen Zwischenstop einzulegen. Diese sind immer noch off-limits. Wir groß die Paranoia der Behörden sein kann haben wir heute morgen erfahren als wir die kleine Insel gegenüber von Myeik besuchen wollten. Eigentlich ist es auch für Ausländer kein Problem dorthin zu gelangen, heute jedoch war auch sie off-limits weil irgendein Lokalpolitiker (hier VIP genannt) auf der Insel eine Schule eingeweiht hat und so haben uns die „Sicherheitskräfte“ wieder von der Fähre geholt.

Bootsbauerkunst vom Feinsten, Frachtboote in Myanmar.

Diese Boote sind bis ins kleinste Detail einfach nur schön.

Neblige Morgenstimmung im Hafen von Mjeik.

Nach über 2 Monaten erleben wir erstmals wieder einen Regenschauer.

Hier geht’s zur Pier.

Auf Mönche trifft man allerorten.

Auf Nonnen ebenfalls.

Die Boote der Squidfischer mit ihrem Lampen im Päckchen.

Im Hafen

Warten auf die Flut.
Obwohl das Schiff von Mjeik nach Kawthoung nur durch birmanisches Hoheitsgewässer unterwegs ist gleicht die Abfertigung für ausländische Fahrgäste einem Grenzübertritt. In wie vielen Listen dieses Landes wir inzwischen wohl schon aufgeführt sind? Wir haben den Überblick verloren. Ob die wohl alle zusammengetragen werden um was auch immer daraus für Erkenntnisse zu gewinnen? Vielleicht handelt es sich auch nur um eine etwas archaische und damit offensichtlichere Form der Vorratsdatenspeicherung als bei uns.
Kurz nachdem wir Mjeik verlassen haben und der Kurs einfach nur Süd heißt tauchen immer wieder größere und kleinere Inseln aus dem Dunst auf. Einige passieren wir recht nah, so daß wir Details am Ufer erkennen können, andere bleiben auf Traumdistanz und ihr Geheimnis läßt sich durch den Dunstschleier nur schwerlich erahnen. Ich frage mich, wie es möglich sein kann auf dieser ausgedehnten Reise während dieser Passage durch Mjeik-Archipel von soetwas wie Fernweh geplagt zu werden. Da war er wieder, der Traum vom Boot.

Märcheninseln im Dunst des Archipels.

Leider “off-limits” , hier wären wir gerne für ein paar Tage geblieben, so war es nur ein kurzer entfernter Moment.

Immer nur Schauen geht nicht, Siesta auf dem Deck des Expressbootes nach Kawthoung,

und viel Zeit zum Meditieren (entgegen ihrer Art hat Beate dieses Foto heimlich gemacht)

Victoria Point.

So sieht hier eine Shopping Mall aus.
Victoria Point, die Südspitze des Festlandes von Myanmar, erreichen wir am Nachmittag. Am Anleger werden wir sofort von Bootsleuten bestürmt, die uns nach Thailand bringen möchten. So eilig haben wir es aber nicht, denn unsere Visa laufen erst morgen ab, und wirklich ausreisen möchten wir eigentlich gar nicht.

Mit diesen Booten geht es weiter nach Thailand.

Beate am südlichsten Punkt des Festlandes von Myanmar.