Kulturrevolution 2.0

Die Faszination, die von der Anlage in Angkor ausgeht, wurde schon von vielen sprachgewandteren Autoren beschrieben, deshalb versuche ich es gar nicht erst. Ich habe versucht die Stimmung in Fotos festzuhalten, was gar nicht so einfach war, da die chinesische Touristeninfantrie diesen Teil des Landes besetzt hat. Für uns war dies der pure Kulturschock wie eine gleichbekappte Horde mit einem Feldwebel mit Megaphon vorneweg sich über alle, auf großen Tafeln auch mit Piktogrammen für die Analphabeten, geäußerten Respektwünsche hinwegsetzt, ebenso alle Absperrungen ignoriert und mit lautem Geschrei die Tempel als Bühne zur Selbstinszenierung vergewaltigt. Ich bin in all den vielen Jahren des Reisens noch nie derart respektlosen Menschen begegnet.

Sonnenaufgang über dem berühmtesten Tempel

so ganz einsam ist es dort am Morgen nicht

Dennoch gibt es noch Plätze ohne Chinesen an denen man Atmosphäre Angkors spüren kann. Ta Nei ist solches ein Kleinod, das wir heute ganz für uns allein hatten. Vollständig im Wald gelegten, kaum restauriert, die Trümmer mit Moos überzogen und nur Vögel und Zikaden sorgen für die Geräuschkulisse. So ähnlich muss es hier noch vor gar nicht so langer Zeit überall ausgesehen haben – wer zu spät kommt, den bestraft das Leben muss ich denken und sauge die Atmosphäre von Ta Nei auf als sei sie der Rest vom Paradies bevor wir uns den Heimweg durch die chinesischen Invasionstruppen bahnen.

no tuk-tuk today

mit diesem Aufdruck gibt es T-Shirts auf dem Markt im Old French Quarter. Ob diese ultimative Aussage die vielen freundlichen Tuk-Tuk Fahrer tatsächlich davon abhält an jeder Straßenecke ihre Dienste anzubieten mag ich zu bezweifeln. Heute verzichteten wir auf die vielen Angebote und erkundeten den Ort zu Fuß nach bewährter Manier. Vor Unzeiten hatte ich in Venedig mal einen älteren Einwohner gefragt was ich mir unbedingt in seiner Stadt ansehen sollte, seine Antwort überraschte mich nicht nur sondern sollte zu einer Philosophie auf Reisen werden: “get lost”. Trotz der Geschäftigkeit wirkt der Ort ausgesprochen entspannt und ruhig auf uns und wir haben den ganzen Tag über nur freundliche und interessierte Menschen getroffen. Es war der perfekte Einstieg. Morgen früh holt uns Wah mit seinem Tuk-Tuk schon um 5 Uhr ab um uns zum Sonnenaufgang zum Angkor Wat zu bringen.

Shadow of Angkor

Die höchst effiziente Transportmaschinerie hat uns in weniger als 24 Stunden vom Frühstückstisch in Freiburg ins Cafe nach Siem Reap geschafft. Ein Reisegefühl stellt sich dabei nicht ein, verbringt man doch die meiste Zeit hermetisch von der Welt abgeschirmt in plastikverkleideten Röhren mit so technischen Namen wie ICE200 oder A380. Ich musste unterwegs an meinen Großvater denken, der vor hundert Jahren als Reptilienfänger für eine große Zoohandlung in der Welt unterwegs war. Wie lange hat er wohl bis hierher gebraucht und was hat er dabei alles erlebt? Wie gerne würde ich seinen Erzählungen lauschen. Leider starb er bereits als ich erst 4 Jahre alt war, ich konnte ihn also nicht mehr löchern. Trotzdem habe ich wohl viel von ihm, auch das Fernweh, das eine Erbkrankheit sein muss. Dieses scheint nicht nur unheilbar zu sein, nein die Symptone verstärken sich auch noch mit zunehmendem Alter. Eigentlich Linderung suchend fühle ich mich im Moment einfach nur hergebeamt und muss jetzt noch darauf warten, dass meine Seele nachgereist kommt. Könnte es dafür einen passenderen Ort geben als das Guesthouse „Shadow of Angkor“ ?

Volkmar

wir gehen wieder um zu schauen

Die Rucksäcke sind wieder gepackt und am kommenden Dienstag wollen wir gen Angkor Wat, als Startpunkt für unsere Reise durch Kambodscha, aufbrechen. Wie es dann weitergeht wissen wir noch nicht, wohl aber dass die schönsten Erlebnisse nicht planbar sind und wir deshalb mal schauen werden was sich ergibt. Naja, so ganz stimmt es nicht, denn gestern tauchte der Gedanke auf zum Wasserfestival Bon Om Tuk in Phnom Penh zu sein.

Unsere Reiseausstattung wird immer elektrischer. Am Anfang war es nur eine Taschenlampe, dann brauchte auch der – nun digitale – Fotoapparat Strom. Für die Wüste Rub al Khali im Oman kam ein kleiner GPS-Empfänger hinzu und vor einem Jahr leistete uns ein Smartphone in Myanmar sehr gute Dienste als wir krankheitsbedingt die Rückreise organisieren mußten. Diesmal werden wir sogar einen kleinen Tablet Computer dabei haben. Dadurch wurde die Idee geboren Freunde, Verwandte, Bekannte und Interessierte über einen Blog an unserer Reise teilhaben zu lassen.

Dies soll er nun werden, unser Reise-Blog, dabei wissen wir noch gar nicht ob wir unterwegs Zeit und Lust haben werden daran zu schreiben. Es ist ein Experiment und wir werden sehen was daraus wird und Ihr vielleicht auch – wenn Ihr mal wieder vorbeischaut.

Beate & Volkmar