Yangun ist anstrengend – deshalb ging es mit dem Blog auch nicht weiter – und nun wollen wieder raus aus Lärm und Verkehr. Zu Nikolaus läßt die deutsche Botschaft hier die Toten Hosen auftreten, aber wir machen uns vorher aus dem Staub. Morgen früh um 5 Uhr werden wir mit einem Boot in Richtung Bogalay im Irrawaddy Delta ablegen. Von dort soll es dann mit dem nächsten Boot weiter in das Naturschutzgebiet Meinmahla Kyun gehen, das im Mündungsgebiet liegt. In den dortigen Mangrovenwäldern leben noch Krokodile, die man vom Kanu aus beobachten kann. Ev. schaffen wir es auch noch weiter südlich zur Turtle Island wo zurzeit die jungen Schildkröten schlüpfen, die Zeit um Vollmond soll besonders gut für Beobachtungen sein. Somit werden wir jetzt einige Zeit ohne Zugang zu irgendwelchen Kommunikationsmitteln sein.
Ist gerade überall in Yangon plakatiert – die deutsche Botschaft präsentiert die Toten Hosen.
Vor zwei Jahren waren wir bereits schon einmal hier, so springt ein Unterschied sofort ins Auge. Hatten wir damals den Verkehr als recht aggressiv erlebt scheint er ruhiger geworden zu sein, sicherlich auch auch weil er sehr viel dichter geworden ist und die Autos viel Zeit in Staus zubringen. So benötigten wir dann noch einmal 1,5 Stunden mit dem Taxi vom Busbahnhof in die Innenstadt zu unserem Gästehaus. Der zweite auffällige Unterschied ist, dass sich der Fuhrpark extrem verjüngt hat. Hier ist die Öffnung des Landes ganz deutlich spürbar. Motorisierte Zweiräder sind in Yangon (immer noch) nicht erlaubt, die in anderen Städten des Landes den Großteil des Individualverkehrs übernehmen und viel platzsparender sind als die Autos. Gebaut wird überall und um die alte Innenstadt herum sieht Yangon mittlerweile wie jede andere „moderne“ Großstadt aus. Nur in der Altstadt hat sich wenig verändert, die vielen Jugendstilfassaden werden immer noch nicht restauriert – vielleicht auch weil die Bausubstanz dahinter so marode ist, dass sich die Renovierung nur für Liebhaber lohnt und die Stadt dringlichere Probleme zu lösen hat. Für die Stadt wäre es sicherlich ein großer Gewinn diesen Stadtteil zu erhalten, fraglich ist nur ob es sich die Menschen, die hier leben, es sich dann noch leisten könnten. Damit wären dann auch die vielen kleinen Betriebe und Geschäfte fort, die den Reiz und das Flair ausmachen.
Renoviert wird gerade die Schwedagon Pagode, die zur Erneuerung der Goldverkleidung komplett eingerüstet ist. Auch wenn sich das Gerüst harmonisch anschmiegt so nimmt es dorch eine Menge von der Schönheit der Pagode. Was ein Glück, das wir sie vor 2 Jahren in vollem Glanz sehen konnten. Der Stimmung in der Pagode tat es keinen Abbruch. Schon vor Sonnenaufgang hatten wir uns auf den Weg gemacht um die Morgenstimmung dort zu erleben und blieben, von einer Mittagspause in einem nahen Park abgesehen, bis weit nach Sonnenuntergang, denn der Abend ist dort besonders stimmungsvoll.
Das kleine Okinawa Guest House, in dem wir logierten, neben dem Neubau einer Bank im Zentrum nahe der Sule Pagode.
Schöne alte Häuser in der Altstadt, die dieser sehr viel Atmosphäre geben.
„Briefkästen“ in der Altstadt, eine Klammer oder Tüte hängt vom Balkon an einem Seil bis zum Bürgersteig herab. Oben ist eine Klingel angebracht und „wenn der Postmann zweimal klingelt“ zieht man seine Post herauf.
Die Schwedagon sah merkwürdig aus als wir uns ihr vor Sonnenaufgang näherten,
der Grund war das Gerüst, das sie komplett umgab.
Der morgendliche Kehraus ist eine sehr ehrenvolle Aufgabe.
Erinnerungsfotos sind auch bei Mönchen beliebt.
Spirituelle Abendstimmung auf der Schwedagon.
Straßenszene in Yangon, die Green City Freiburg könnte sich hier mal Anregungen zum innerstädtischen Lastenverkehr holen.
Ein Teil des Nahverkehrs über den Yangon River wird mit diesen hübschen kleinen Booten abgewickelt.
Die neue Autobahn zwischen Yangon und Mandalay hatte Kipling natürlich nicht gemeint. Zudem waren wir in der Gegenrichtung unterwegs und unser Gefährt war obendrein wie von einem anderen Stern, was diesem Tag einen sehr surrealen Anstrich verlieh. Die Austattung des nagelneuen MAN Reisebuses schien aus der Businessclass eines Flugzeuges zu stammen, mit nur drei breiten Ledersessel pro Reihe mit alen Verstellmöglichkeiten, viel Beinfreiheit (es gab nur 9 Reihen) und privatem Bildschirm für das Infotainment passte er nicht in die Welt des Busreisens wie wir es bisher erlebt haben. Das Statussymbol schlechthin ist eine leistungsfähige Klimaanlage, um deren Kapazität auch wirkungsvoll demonstrieren zu können erhält jeder Passagier eine große dicke Decke. In Vliespulli und Decke gehüllt rauschten wir dann in 8 Stunden über eine fast leere Autobahn die knapp 700 km nach Yangon, während draußen das wirkliche Leben bei über 35°C hinter den dunkel getönten Scheiben vorbeizog. Vielleicht wäre eine Woche Zeit angemessen gewesen für diese Strecke. Leider ist es unterwegs sehr schwierig eine Unterkunft zu bekommen weil hier keine Touristen unterwegs sind und es deshalb auch keine Gästehäuser mit der Lizenz Ausländer zu beherbergen gibt. Alle Ausländer machen gleich einen großen Sprung von Yangon in die touristischen Highlights Inle See, Mandalay oder Bagan, bzw. in die Gegenrichtung wie wir heute auch. Vieleicht ist es in ein paar Jahren möglich diese Strecke in einem gemächlicherem Tempo zurückzulegen. Auf dieser Autobahn gab es so gut wie keinen Verkehr, die meisten Fahrzeuge waren Reisebusse und wir haben nicht einen einzigen LKW gesehen. Die Waren werden also ganz anders als bei uns transportiert.
Dieses Raumschiff von MAN beamte uns quer durch’s Land nach Yangon.
Heute geht es per Bus auf der neuen Autobahn von Mandalay hinunter nach Yangon. Während der ca. neunstündigen Fahrt werde ich hoffentlich dazu kommen etwas über die letzen Stationen unserer Reise zu schreiben sowie die Fotos zu sichten. In Yangon ist es vielleicht auch einfacher ins Internet zu kommen als in Mandalay oder gar in Sagaing.
Nichts ist unmöglich, unser Bus heute wird allerdings etwas bequemer sein.
Heute entfliehen wir der Großstadt Mandalay und ruhen uns ein wenig auf der anderen Seite des Irrawaddy in Sagaing aus. Dann wird es vielleicht auch etwas mit einem Beitrag über Mandalay und den noch fehlenden Fotos. Unser Visum können wir problemlos 90 Tage überziehen und müssen bei der Ausreise dann für jeden zusätzlichn Tag 3 $ bezahlen – so die offizielle Auskunft auf der Immigration in Mandalay. Somit werden wir jetzt ganz gemütlich bis in den Südzipfel weiterreisen, denn es ist wunderschön hier und die Menschen sind alle wirklich so etwas von nett und hilfsbereit, dass es einfach nur Spaß macht hier unterwegs zu sein.
Die Stadt der Unsterblichkeit Amarapura liegt etwas südlich von Mandalay, sie war für ca. 100 Jahre bis 1857 Hauptstadt gewesen. Von der einstigen Königsresidenz ist kaum noch etwas zu sehen, da der Palast aus Teakholz mit nach Mandalay umgezogen wurde. Das touristisch wohl bedeutenste Bauwerk ist die U Bein Brücke, sie ist mit 1,2 km Länge die längste Teakholzbrücke der Welt. Unser Reiseführer konnte sich nicht so recht entscheiden ob der Besuch zu Sonnenaufgang oder -untergang am schönsten ist, also brachen wir um 5 Uhr morgens auf um uns selbst ein Bild zu machen. Am Morgen war es es ausgesprochen ruhig dort, ein paar Fotografen brachten ihe Kameras auf Stativen in Stellung, nicht um die Brücke sondern daneben den Sonnenaufgang über dem Taungthaman-See, den sie überquert, zu fotografieren. Die große Zahl an Restaurants und Souvenirläden, die langsam aus dem Schlaf erwachten, ließ aber bereits erahnen welch Trubel hier noch herrschen wird. Mit ihrer Ost-West Richtung ist diese Brücke eigentlich weder für den Sonnenaufgang noch für deren Untergang das ultimative Fotoobjekt aber ganz offensichtlich haben alle Tourenanbieter den Sonnenuntergang hier als krönenden Abschluß des Tages im Programm. Das ist auch die Stunde der vielen Ruderboote, mit denen die Leute vom Busparkplatz auf sie „Sonnenseite“ der Brücke gebracht werden. Wir wollten schon gerne etwas vor Sonnenuntergang dorthin um noch ein paar Fotos der Brücke bei schönem Licht zu machen, was uns einige Überzeugungsarbeit gekostet hat. Die Bootsleute waren so sehr darauf geeicht bei Sonnenuntergang und nicht bereits eine dreiviertel Stunde vorher zu fahren. Wir wollten auf unseren Fotos aber gerne nur die Brücke und nicht noch 50 Boote mit Touristen (wie wir) dazwischen.
Es gibt Orte auf der Welt deren Namen so schön klingen, dass sich automatisch romantische Vorstellungen damit verbinden. Mandalay gehört zweifelsohne zu diesen Städten. So war es mal wieder an der Zeit Phantasie und Realität gegeneinander abzugleichen. Um es vorwegzunehmen, Beate und ich sind dabei zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen gekommen. Sicherlich hatte Mandalay in meiner Wahrnehmung denkbar ungünstige Startbedingungen, nach den Tagen der Ruhe auf dem Schiff ist der „quirlige“ Strassenlärm der 1,8 Millionen Metropole nervtötend. Wenn der erste Spaziergang unglücklicherweise an einem Freitagnachmittag durch einen muslimischen Stadtteil führt, in dem sämtliche Geschäfte geschlossen sind, wirkt alles obendrein öde. Das Schachbrettmuster der Strassen mit seinen Massen an trivialer Zweckbetonarchitektur ist wahrlich keine Freude für’s Auge. Aber mit etwas Geduld und Ausdauer (bei 35°+x) lassen sich noch Spuren des alten Mandalay finden mit zum Teil auch schön renovierten alten Häusern oder alten Handwerksbetrieben wie den Goldschlägern. Auch der Markt gehört zu den interessanten Orten mit seinem riesigen Angebot und kompletten Verkehrschaos. Dieser Markt gehörte zu Beates Lieblingsplätzen, den sie fast jeden Morgen bereits vor Sonnenaufgang aufsuchte. Sie genoß die entspannte und freundlich Atmosphäre und freute sich nicht nur daran, dass sie alles probieren durften sondern auch darüber, dass sie von vielen Marktfrauen immer wiedererkannt wurde. Letzteres natürlich auch weil sie immer zusammen viel Spaß an den Fotos hatten, die Beate von ihnen und ihren Marktständen gemacht hat. Ferner haben wir hier Corinne wiedergetroffen, ohne Verabredung fanden wir uns zufällig im gleichen Gästehaus ein, das sehr schön an einer kleinen Verbindungsgasse zwischen Tempel und Markt liegt und auf den romantischen Namen AD-1 hört. In dieser Gasse reihten sich viele Geschäfte mit Mönchs- und Tempelbedarf aneinander. Zusammen mit Corinne haben wir die ersten Sights der Stadt besichtigt. Der Sonnenaufgang auf dem Mandalay Hill litt doch arg unter dem Staub und dem Dunst in der Luft der Stadt, wobei ersterer zudem tagsüber zu einem permanenten Hustenreiz führt. Das größte Buch der Welt kann man gleich nebenan bestaunen, das paßt wirklich in kein Billyregal sondern erfordert eher ein paar Hektar freie Fläche. Auf dem Gelände des alten Königspalastes residiert die Armee mit einer großen Kaserne, nur die alten Palastgebäude wurden als 1:1 Modell wieder aufgebaut. Zu erreichen sind die ansonsten leeren Gebäude (mit Ausnahme eines klitzekleinen Museums) über einen Korridor durch die Kaserne, was vor dem Hintergrund der letzten Jahre ein eher beklemmendes Gefühl erzeugt. Ein großes Highlight für Beate war, dass Corinne ihr den Roman „Der Glaspalast“ von Amitav Gosh überlassen hat, der hier spielt und den sie nicht mehr rechtzeitig vor unserer Abreise bekommen konnte. Ein berühmtes Pilgerziel in Myanmar ist die Mahamuni Pagode in der die „Gläubigen“ Blattgold auf eine Buddhafigur kleben. Inzwischen sollen durch diese Form der Karmaverbesserung über 12 Tonnen Gold zusammengekommen sein, die die Figur sehr unförmig gemacht haben. Ganz unbuddhistisch, denn Gautama Siddharta hat diesen Unterschied nie gemacht, haben Frauen keinen Zutritt und somit auch keine Chance ihr Karma zu pimpen. Wir wollten nur unsere Visa pimpen und verlängern weil absehbar war, dass uns die 28 Tage diesmal nicht reichen würden. Mit unserem Anliegen schafften wir es immerhin bis zum Chef der Ausländerbehörde in Mandalay, der uns äußerst freundlich – wie wir es hier überall erlebt haben – versicherte, dass ein Overstay von bis 90 Tagen kein Problem ist. Bei der Ausreise müßten wir dann pro Tag 3 Dollar entrichten. Eine Verlängerung eines Touristenvisums ist nicht möglich. Ok, die 90 Tage sollten einstweilen reichen.
Auf dem Markt
Mandalay Hill mit dem Wassergraben um das Palast-/Kasernengelände
Buddhas Lehre in Marmor gehauhen.
Jede der 729 Marmortafeln wird in einer eigenen kleinen Pagode aufbewahrt.
Bei den Goldschlägern, die in mühevoller Handarbeit Blattgold für spirituelle Anlässe herstellen.
Viele Steinmetzbetriebe haben sich auf Marmorbildnisse von Buddhas spezialisiert.
Ohne jeden Staubschutz wird hier den ganzen Tag geschafft.
Und die Buddhas sind z.T. beachtlich groß.
Später sehen sie dann so aus, auf dem Mahamuni Buddha lassten schon über 12 Tonnen Gold.
Erinnert mehr an die katholische Kirche … aber es geht um den Mahamuni-Buddha.
Es herrscht himmlische Ruhe, der Kapitän der Panlon hatte bereits beide Maschine abgestellt nachdem er es nicht geschafft hat unsere Fähre wieder von der Sandbank mitten im Irrawaddy herunterzubekommen und jetzt verstummten auch die beiden Stromgeneratoren – Nachtruhe auf dem Fluß. Der sternenklare Himmel perfektioniert die romantische Stimmung. Ist es Schicksal oder Wunscherfüllung, dass wir hier einen unplanmäßigen Stop einlegen? Beate war traurig darüber gewesen, dass das Schiff über Nacht weiterfahren sollte und wir so einen Teil der Landschaft verpassen würden, viel lieber wollte sie über Nacht vor Anker liegen …. Zwei Stunden lang hatte ich über die Navigationskünste auf der Brücke gestaunt, ohne irgendwelche erkennbaren Hilfsmittel zur Positionsbestimmung fuhren sie im Stockdunklen Slalom in einem Revier, das mehr an das Wattenmeer als an einen Fluß erinnert. Es gibt nicht einmal ein Echolot, die Wassertiefen werden bei Bedarf per Bambusstange gemessen und zur Brücke hinaufgerufen. Vielleicht würde ein Echolot in diesem trüben und sedimenthaltigem Wasser auch keinen Sinn machen weil es keine klaren Echos vom Boden geben würde, dies könnte auch erklären warum offensichtlich alle Boote hier dieser Technik vertrauen. All dies spielt keine Rolle mehr, Beates Wunsch war erhört worden und der größtmögliche Anker hielt uns sicher auf Position.
Vier Tage haben wir bis hierher gebraucht. Am Sonntag sind wir trotz/mit Flugzeug ganze 134 km weit gekommen mit einem Flug von Myitkyina nach Bhamo. Viele Stunden haben wir auf dem Flughafen von Myitkyina damit verbracht die Abfertigung der Passagiere zu beobachten. Besonders bizarr fanden wir eine hölzerne Attrappe eines Metalldetektors durch die alle Passagiere gehen mußten. Eine anschließende manuelle Kontrolle des Handgepäcks wurde entweder sehr dienstbeflissen, äußerst lustlos oder auch gar nicht durchgeführt. Irgendwann kam dann auch unser Flugzeug und so konnten wir Bhamo nach 25 minütigem Flug noch vor Sonnenuntergang erreichen. Die Fähren nach Mandalay fahren hier am Montag, Mittwoch und Freitag ab. Es erschien uns zu gehetzt bereits am nächsten Morgen weiterzureisen, deshalb entschieden wir uns für die Fähre am Mittwoch. Bhamo ist allerdings kein Ort den man gesehen haben sollte oder der einen längeren Aufenthalt lohnt. Es gibt zwar eine schöne Uferstrasse mit vielen alten Häusern auf der einen Seite und großen Bäumen entlang der Uferböschung auf anderen Seite aber keinen Platz, der zum Verweilen einlädt. Das liegt sicherlich daran, dass es so gut wie keine Touristen gibt, die sich hier z.B. in ein Cafe setzen würden, zum anderen daran, dass weite Teile der Uferböschung als Mülldeponie genutzt werden und der damit verbundene Geruch auch eher abstoßend wirkt. Bhamo ist der nördlichste Punkt, der regelmäßig von den großen Fährschiffen aus Mandalay angelaufen wird, und durch seine Nähe zur chinesischen Grenze ein wichtiger Umschlagplatz für Handelsware. Entsprechend viel Betrieb herrscht jeden Tag am Strand des Irrawaddy wo die Waren von LKW auf Boote bzw. umgekehrt umgeladen werden. Am Mittwochmorgen, mit einwöchiger Verspätung, können wir endlich unsere Fahrt auf dem Irrawaddy beginnen und an Bord der schon recht betagten Panlon auf dem Oberdeck unsere „Upper Class“ Kabine mit der Nummer 1 beziehen, diesen Luxus haben wir uns dann doch gegönnt. Fast pünktlich verließ die Panlon Bhamo und nahm Kurs auf Mandalay. In dem weiten Flußtal erinnerte die Szenerie anfangs eher ans Wattenmeer, wobei der Kapitän in Schlangenlinie offensichtlich auch Sandbänke umschiffte, die sich nicht so deutlich an der Oberfläche abzeichneten. Wie leicht man in diesem Revier auflaufen kann zeigten einige gestrandete Schiffe von denen die Ladung auf kleine Boote umgeladen wurde. Die moderate Geschwindigkeit der Panlon zwischen 10 und 15 km/h und der sehr geringe Lärm der beiden Motoren ließ die Landschaft ganz gemütlich vorbeiziehen. Noch vor Shwegu passierten wir den ersten von 3 Durchbrüchen des Irrawaddys durch Gebirgsriegel auf dieser Reise. Der häufige Wechsel der Landschaft entlang des Flusses macht den besonderen Reiz dieser Strecke aus. Immer wieder tauchen kleine Ortschaften auf, auf deren umliegenden Feldern gearbeitet wird. Dabei scheinen Ochsen vor dem Pflug noch die Regel zu sein. Dazu ist die Landschaft mit goldenen, in der Sonne glänzenden, Stupas und Pagoden gesprenckelt. Das wunderschöne Wetter tat sein Übriges dazu, dass uns allein schon dieser Tag für die lange Wartezeit entschädigt hat. An jeder Anlegestelle kamen sofort Händler mit frischen Speisen an Bord um die Reisenden zu versorgen, wobei es zwischen ihnen wie ein Wettkampf aussah wer als erstes an Bord ist um die größte Anzahl an potentiellen Kunden vor sich zu haben. Dieser Wettkampf ging soweit, daß die Panlon bereits vor dem Anlegen in Piratenmanier von kleinen Booten aus geentert wurde.
Mit Sonnenaufgang wurden die Motoren der Panlon gestartet und ein erster Versuch unternommen von der Sandbank herunterzukommen, der aber scheitert. Inzwischen ist zu erkennen, dass das Wasser über dieser Bank auf der Steuerbordseite nur ca. 20 cm tief ist und uns die Strömung des Irrawaddy fest auf diese Bank drückt. Erst nachdem ein Teil der Ladung umgepackt wurde um dem Schiff einen anderen Trimm zu geben gelang es frei zu kommen und die Reise fortzusetzen. Der angenehme Nebeneffekt dieser Pause war, dass wir so gut nichts von der Strecke verpasst haben. Bei Sonnenuntergang hatten wir Katha verlassen und waren nur noch knapp 2 Stunden in die Dunkelheit gefahren bevor wir sanft gebremst wurden. Nach birmanischem Glauben kann derjenige ein Unglück heraufbeschwören, der danach fragt wie lange es noch dauert bis der Zielort erreicht ist. Zum Glück stellen wir uns diese Frage weder uns noch jemandem von der Crew und gehen frohen Mutes in den nächsten Tag der Fahrt, die eigentlich am Donnerstag Abend in Mandalay enden soll. Doch schon der erste Stop des Tages in Tigyaing dauert wohl länger als eingeplant, ein Pferd weigert sich beharrlich über die Planken an Bord zu gehen. Mit allen Tricks wird versucht das Tier zu überlisten, am Ende hilft dann viel „sanfte“ Gewalt indem es von mehreren Männern mehr oder weniger an Bord geschoben wird. Es ist immer schön zu sehen, dass all diese Unperfektheiten ganz gelassen gesehen werden und niemanden zu stressen scheinen. Selbst heute Morgen als ein Großteil der Ladung umgestaut werden mußte um das Schiff wieder flott zu bekommen war die Crew mit viel Lachen und Scherzen bei der Arbeit.
Das Glück blieb uns weiter hold, der planmäßige Stop in Kyauk Myaung am späten Abend wurde bis zum Sonnenaufgang am nächsten Morgen ausgedehnt. Damit kamen wir nicht nur in den Genuß einer weiteren Nacht an Bord sondern durchquerten bei Tageslicht den Bereich des Irrawaddy nördlich von Mandalay in dem noch ca. 70 Irrawaddy Delphinen leben sollen. Damit nicht genug, am Vormittag zeigten sich zwei dieser Delphine neben der Panlon während wir gemütlich auf unseren Hockern vor unserer Kabine in der Sonne saßen. Und natürlich haben wir wieder einen sehr interessanten Menschen kennengelernt, John aus Tasmanien ist schon viel in der Welt umhergereist und ein sehr angenehmer Gesprächspartner.
Müll und Slums am Irrawaddyufer in Bhamo
Viel Betrieb am Bootsanleger.
Auf der Promenade werden Kobras vorgeführt.
Aus meiner Skulpturensammlung
Aus dem normalen Leben
Die Panlon am Anleger von Bhamo.
Wir reisen komfortabel mit eigener Kabine.
Während die Mönche nur etwas höher sitzen als die “gewöhnlichen” Deckspasagiere.
Unterhalb von Bhamo glich das Flußtal mehr dem Wattenmeer
Was sich aber bald änderte.
Der erste Durchbruch des Irrawaddy durch einen Gebirgsriegel auf dieser Reise.
Immer wieder begegneten wir Bambusflößen, die das Bambus als Baumaterial flussabwärts bringen.
Es ist 4 Uhr, der Zug aus Mandalay passiert laut tutend den letzten Bahnübergang vis a vis vor unserer Herberge bevor er in den nördlichsten Bahnhof von Myanmar einfährt. Er hat wohl ca. 26 Stunden für diese Strecke gebraucht. Eine Fahrt , die unser Reiseführer – je nach Perspektive – als Abenteuer oder Tortur beschreibt. Wir hatten die Weichei-Variante bevorzug und den Flieger genommen, Flugzeit von Mandalay nur ca. 1,5 Stunden und auch mit sehr schönen Ausblicken auf die Landschaft – unter uns. Lärm scheint hier zum Verkehr zu gehören, es kam mir schon so vor als ob die ständigen kurzen Hubsignale wie die Klicklaute bei den Feldermäusen der Orientierung in dem Verkehrsgewimmel dienen. Als Antwort auf die Frage was wohl eine Hinterlassenschaft der britischen Kolonialzeit sein könnte, konnten wir auf jeden Fall das Schlangestehen ausschließen. Der Straßenverkehr fließt hier eher kreativ. Es ist 5 Uhr, der Muezin ruft zum Gebet, hier im Norden gibt es ein buntes Völkergemisch und der Buddhismus ist nicht mehr die dominierende Religion. So gibt es hier auch eine große muslimische Gemeinde mit einer entsprechend schönen Moschee. Es ist 6 Uhr, Kirchenglocken läuten, auch die Christen sind hier vertreten. Sehr präsent sind die Baptisten, gestern Abend hat mir noch ein Missionar erklärt, dass Gott ihn aus Illinois zu diesen Menschen hier geschickt hat … auf dieser Basis tue ich mich immer schwer in der Kommunikation da ich weder über solche Kanäle verfüge noch mich gerne missionieren lasse. Aber es geht noch mehr Multikulti, beim Abendessen in einem Restaurant nebenan, das auf den Namen „Orient“ hört, grasten ein paar heilige Kühe aus der Hindugemeinde neben unserem Tisch. Es ist 6:30 Uhr, jetzt ertönt Dhingis Khan, ein deutscher Schlager aus den 80ern ist bestimmt das Letzte was ich hier erwartet habe aber der Rhytmus scheint den Mädels in der Halle nebenan bei ihrer morgentlichen Power-Aerobic-Stunde zu gefallen … ok, ich habe endgültig verstanden, es ist höchste Zeit den morgendlichen Rundgang über den lokalen Markt zu beginnen. Wir sind in Myitkyina, einem wichtigen Handelszentrum zwischen Myanmar und China und der Heimat von Kachin, Shan, Inder, Karen, Chinesen und Gurkhas. Diese quirlige Stadt sollte Ausgangspunkt für eine beschauliche Flußfahrt auf dem Irrawaddy hinunter nach Mandalay werden … sollte, denn die beiden ersten Tagesetappen bis Bhamo können wir gleich wieder vergessen weil dieser Bereich wegen lokaler „Spannungen“ für Ausländer gesperrt ist. Mit uns gestrandet ist hier Regina aus der Schweiz, die aus Mandalay gekommen ist und dort versucht hatte aktuelle Informationen zu Reisebeschränkungen zu bekommen … die könne sie in Myitkyina bekommen hieß es. Bislang hatten wir diese Restriktionen mehr für Schikane gehalten, aber nach der Erzählung von Lisa, die wir am Inle-See getroffen haben sind wir uns da nicht mehr so sicher. Sie war durch einen Fehler bei einer Reiseagentur in einen lokalen Bus geraten, der nicht für Ausländer genehmigt ist und durch eine wohl sehr eigenmächtige Wahl der Fahrtroute durch den Busfahrer kam es nachts um 1 Uhr zu einem Überfall auf diesen Bus. Er wurde von einer großen Zahl von Männern mit Steinen und Latten angegriffen wobei viele Fenster zu Bruch gingen und einige Fahrgäste verletzt wurden. Irgendwie hat es der Busfahrer aber geschafft weiterzufahren um aus dieser Situation herauszukommen. Ok, wir akzeptieren jetzt ersteinmal diese Beschränkungen. Es mußte also ein Plan B her, aber auch nicht so eilig, da mich ein blöder Infekt für ein paar Tage platt gemacht hat. Zwischenzeitlich hat mich die Achterbahnfahrt des Fiebers richtig gestresst, erst ein negativer Test auf Malaria bei einem sehr lieben Doc hat die Lage wieder entspannt. Der Plan B ist inzwischen höchst simpel, wir fliegen nach Bhamo um dort auf’s Schiff nach Mandalay zu gehen. Immerhin gibt es einmal die Woche einen Flug, am Sonntag den 16. soll er stattfinden. Kurzfristig hatten wir ins Auge gefaßt noch weiter in den Norden zu reisen bis nach Putao, das schon fast an der Grenze zu Tibet liegt und einen wunderschönen Blick auf den Himalaya bieten soll, aber ohne Sondergenehmigung hätten wir den Ort nicht verlassen dürfen. Diese Genehmigung hätten wir nur in der Haupstadt Nay Pyi Taw – 900km südlich von hier – beantragen können … damit hat es Putao unverhofft auf unsere Liste der Sehnsuchtsziele geschafft. Damit wird wohl Myitson der nördlichste Punkt dieser Reise bleiben. Er liegt ca. 50 km nördlich von Myitkyina, dort vereinen sich die beiden Flüsse Mehka und Malihkaund bilden ab hier den Irrawaddy. Beate war mit einen lokalen Führer auf dem Motorrad dorthin gefahren. Jacob – diesen Namen würde man hier bei einem Einheimischen auch nicht unbedingt erwarten – ist ein ganz lieber Kerl, der auch als Night Manager in unserer Herberge schafft. Sein Name hat wohl etwas mit seiner christlichen Erziehung zu tun. Als er zwei Jahre alt war wurde sein Vater bei Kämpfen getötet, somit ist Jacob allein bei seiner Mutter aufgewachsen. Auf den Religionsmix hier oben angesprochen meinte Jacob, er hat Freunde die sind Buddhisten und andere sind Moslems, das sei egal, die Religionen wären sowieso nur dazu da damit die Menschen anständig miteinander umgehen. Wenn es doch nur immer so einfach sein könnte.
Jetzt geht es aber ersteinmal nach Bhamo und von dort nach Mandalay, auch so ein wunderschöner Name, der zum Träumen einlädt. Dort sollte es auch wieder einen zuverläßigeren Internetzugang geben, der ein Hochladen von Fotos erlaubt. Da Myitkyina nicht auf Touristen eingestellt ist fehlen Internetcafes und Restaurants mit Wifi. Manche Hotels bieten sporadisch Internetzugang, wenn der Strom nicht mal wieder ausgefallen ist, doch der ist dann so langsam, dass die Verbindung häufig auf einen Timeout läuft …. aber deshalb sind wir ja nicht hier.
Frühnebel im Tal des Irrawaddy.
Am Irrawaddy, aber wir dürfen nicht von hier mit dem Boot weiterfahren.
Buddhisten,
Moslems,
Hindus,
Christen und alle leben hier friedlich zusammen.
Auf dem Markt
Nicht nur deutsche Produkte werden in China kopiert.
Der Inle-See steht ganz oben auf der Liste der Sehenswürdigkeiten von Myanmar und das ganz zurecht. So haben wir diese Gegend zum einem auf einer ausgedehnten Radtour entlang des Ostufers sowie auf einer noch wesentlich ausgedehnteren Bootstour auf dem See erkundet. Viele der Dörfer aus Stelzenhäusern im seichten Wasser in Ufernähe sind nur per Boot erreichbar. Um unabhängig von Wasserstandschwankungen zu sein haben deren Bewohner ihre Gemüsegärten auf Flößen um die Dörfer herum angelegt. Auf diese Weise gibt es hier eine einige Quadratkilometer große schwimmende Gemüseanbaufläche, die ebenfalls nur von Booten aus bewirtschaftet werden kann. Es ist schon ein sehr spezieller Eindruck wenn Wellen vom See die Tomatenstauden leicht hinundher wiegen. Eine weitere Besonderheit ist die Paddeltechnik, die nur hier auf diesem See zu finden ist. (Auch wenn in der Literatur von Einbeinruderern geschrieben wird hat diese Technik nichts mit Rudern zu tun) Die Paddler stehen auf einem Bein auf dem Heck des Bootes, das andere Bein ist um das Paddel geschlungen, dessen oberes Ende am Schlüsselbein abgestützt wird, und mit einer „geschickten“ Beinbewegung wird gepaddelt. Der Vorteil dieser Technik ist, dass man beide Hände frei hat um z.B. ein Netz einzuholen. Auf einem Bein auf dem Heck eines schlanken kibbelligen Bootes zu stehen wäre für mich schon die Ultraanforderung, jetzt noch dem anderen Bein zu paddeln ist schon absolut jenseits des Vorstellbaren, beides gleichzeitig aber nur als Mittel um dann noch ein Netz aus dem Wasser zu ziehen und die Fische abzusammeln … wenn man zuschaut sieht es „kinderleicht“ aus denn die Fischer machen dabei keinen angestrengten oder konzentrierten Eindruck sondern unterhalten sich dabei noch fröhlich mit dem Nebenmann. Auf unserer Bootstour hatten wir gleich doppeltes Glück durch ein Mißgeschick unseres Bootsmannes – uns ging unterwegs der Sprit aus. Auch wenn der große Einzylinder-Diesel mit seinem recht sonoren Sound nicht extrem genervt hat kam die plötzliche Ruhe sehr gelegen. Unser Bootsmann mußte sein Schiff – bei einer Länge von gut 16 Metern darf man es schon so nennen – zum nächsten Ort paddeln um zu tanken. Dies gab uns die Gelegenheit die Paddeltechnik aus nächster Nähe zu studieren, das Paddel wird für die Vorwärtsbewegung nicht aus dem Wasser genommen sondern das Blatt wird 90 Grad gedreht im Wasser nach vorne geführt. Es gibt eine ähnliche Bewegung beim Kanupaddeln wenn man geräuschlos vorankommen möchte um z.B. Tiere nicht durch die Paddelgeräusche zu verscheuchen … nur hat man dabei beide Hände am Paddel. Die weitere Beobachtung, die durch die Ruhe möglich war, galt den klackernden Geräuschen von den vielen Webstühlen in all den Häusern. Während wir in aller Ruhe durch ein scheinbar menschenleeres Dorf gepaddelt wurden machte uns dieser spezielle Klang darauf aufmerksam wie emsig hier tatsächlich überall geschafft wurde. Als Souvenir vom Inle-See erstanden wir in einer Weberei u.a. einen Schal aus Lotosseide. Dieses ganz spezielle Material wird auch nur hier auf dem See verarbeitet und man zeigte uns u.a. wie mühsam die Gewinnung eines Fadens aus den Fasern in den Stengeln der Lotuspflanze ist. Der fertige Schal fühlt sich ganz toll an. Früher war dieses Material religiösen Zeremonien vorbehalten inzwischen wird bestimmt der größte Teil an Touristen verkauft. Wobei man sagen muss, dass wir nirgendwo an auffälligen Touri-Souvenirständen vorbeigekommen sind. Ob es diese gibt wissen wir nicht, da wir das Boot alleine gechartert hatten und nicht die Standardseerunde gefahren sind haben wir den einen einen oder anderen Touristenspot auch ausgelassen. Es war ein traumhaft schöner Tag bei schönstem Wetter auf dem See, den wir sehr gerne lange in Erinnerung behalten werden.
Morgenstimmung auf dem See
Mit einem Bein paddeln um beide Hände für’s Netz freizuhaben – diese Technik gibt es nur hier.
Zugang zu den Dörfern hat man nur mit dem Boot.
Gleich neben den Häusern beginnen die schwimmenden Gärten,
die sich insgesamt über viele Quadratkilometer erstrecken.
Ganz wenige Häuser sind über Stege zu erreichen,
In der Regel benötigt man ein Boot.
Mit dem Spiegelungen ergeben sich manchmal verwirrende Bilder.