Es herrscht himmlische Ruhe, der Kapitän der Panlon hatte bereits beide Maschine abgestellt nachdem er es nicht geschafft hat unsere Fähre wieder von der Sandbank mitten im Irrawaddy herunterzubekommen und jetzt verstummten auch die beiden Stromgeneratoren – Nachtruhe auf dem Fluß. Der sternenklare Himmel perfektioniert die romantische Stimmung. Ist es Schicksal oder Wunscherfüllung, dass wir hier einen unplanmäßigen Stop einlegen? Beate war traurig darüber gewesen, dass das Schiff über Nacht weiterfahren sollte und wir so einen Teil der Landschaft verpassen würden, viel lieber wollte sie über Nacht vor Anker liegen …. Zwei Stunden lang hatte ich über die Navigationskünste auf der Brücke gestaunt, ohne irgendwelche erkennbaren Hilfsmittel zur Positionsbestimmung fuhren sie im Stockdunklen Slalom in einem Revier, das mehr an das Wattenmeer als an einen Fluß erinnert. Es gibt nicht einmal ein Echolot, die Wassertiefen werden bei Bedarf per Bambusstange gemessen und zur Brücke hinaufgerufen. Vielleicht würde ein Echolot in diesem trüben und sedimenthaltigem Wasser auch keinen Sinn machen weil es keine klaren Echos vom Boden geben würde, dies könnte auch erklären warum offensichtlich alle Boote hier dieser Technik vertrauen. All dies spielt keine Rolle mehr, Beates Wunsch war erhört worden und der größtmögliche Anker hielt uns sicher auf Position.
Vier Tage haben wir bis hierher gebraucht. Am Sonntag sind wir trotz/mit Flugzeug ganze 134 km weit gekommen mit einem Flug von Myitkyina nach Bhamo. Viele Stunden haben wir auf dem Flughafen von Myitkyina damit verbracht die Abfertigung der Passagiere zu beobachten. Besonders bizarr fanden wir eine hölzerne Attrappe eines Metalldetektors durch die alle Passagiere gehen mußten. Eine anschließende manuelle Kontrolle des Handgepäcks wurde entweder sehr dienstbeflissen, äußerst lustlos oder auch gar nicht durchgeführt. Irgendwann kam dann auch unser Flugzeug und so konnten wir Bhamo nach 25 minütigem Flug noch vor Sonnenuntergang erreichen. Die Fähren nach Mandalay fahren hier am Montag, Mittwoch und Freitag ab. Es erschien uns zu gehetzt bereits am nächsten Morgen weiterzureisen, deshalb entschieden wir uns für die Fähre am Mittwoch. Bhamo ist allerdings kein Ort den man gesehen haben sollte oder der einen längeren Aufenthalt lohnt. Es gibt zwar eine schöne Uferstrasse mit vielen alten Häusern auf der einen Seite und großen Bäumen entlang der Uferböschung auf anderen Seite aber keinen Platz, der zum Verweilen einlädt. Das liegt sicherlich daran, dass es so gut wie keine Touristen gibt, die sich hier z.B. in ein Cafe setzen würden, zum anderen daran, dass weite Teile der Uferböschung als Mülldeponie genutzt werden und der damit verbundene Geruch auch eher abstoßend wirkt. Bhamo ist der nördlichste Punkt, der regelmäßig von den großen Fährschiffen aus Mandalay angelaufen wird, und durch seine Nähe zur chinesischen Grenze ein wichtiger Umschlagplatz für Handelsware. Entsprechend viel Betrieb herrscht jeden Tag am Strand des Irrawaddy wo die Waren von LKW auf Boote bzw. umgekehrt umgeladen werden. Am Mittwochmorgen, mit einwöchiger Verspätung, können wir endlich unsere Fahrt auf dem Irrawaddy beginnen und an Bord der schon recht betagten Panlon auf dem Oberdeck unsere „Upper Class“ Kabine mit der Nummer 1 beziehen, diesen Luxus haben wir uns dann doch gegönnt. Fast pünktlich verließ die Panlon Bhamo und nahm Kurs auf Mandalay. In dem weiten Flußtal erinnerte die Szenerie anfangs eher ans Wattenmeer, wobei der Kapitän in Schlangenlinie offensichtlich auch Sandbänke umschiffte, die sich nicht so deutlich an der Oberfläche abzeichneten. Wie leicht man in diesem Revier auflaufen kann zeigten einige gestrandete Schiffe von denen die Ladung auf kleine Boote umgeladen wurde. Die moderate Geschwindigkeit der Panlon zwischen 10 und 15 km/h und der sehr geringe Lärm der beiden Motoren ließ die Landschaft ganz gemütlich vorbeiziehen. Noch vor Shwegu passierten wir den ersten von 3 Durchbrüchen des Irrawaddys durch Gebirgsriegel auf dieser Reise. Der häufige Wechsel der Landschaft entlang des Flusses macht den besonderen Reiz dieser Strecke aus. Immer wieder tauchen kleine Ortschaften auf, auf deren umliegenden Feldern gearbeitet wird. Dabei scheinen Ochsen vor dem Pflug noch die Regel zu sein. Dazu ist die Landschaft mit goldenen, in der Sonne glänzenden, Stupas und Pagoden gesprenckelt. Das wunderschöne Wetter tat sein Übriges dazu, dass uns allein schon dieser Tag für die lange Wartezeit entschädigt hat. An jeder Anlegestelle kamen sofort Händler mit frischen Speisen an Bord um die Reisenden zu versorgen, wobei es zwischen ihnen wie ein Wettkampf aussah wer als erstes an Bord ist um die größte Anzahl an potentiellen Kunden vor sich zu haben. Dieser Wettkampf ging soweit, daß die Panlon bereits vor dem Anlegen in Piratenmanier von kleinen Booten aus geentert wurde.
Mit Sonnenaufgang wurden die Motoren der Panlon gestartet und ein erster Versuch unternommen von der Sandbank herunterzukommen, der aber scheitert. Inzwischen ist zu erkennen, dass das Wasser über dieser Bank auf der Steuerbordseite nur ca. 20 cm tief ist und uns die Strömung des Irrawaddy fest auf diese Bank drückt. Erst nachdem ein Teil der Ladung umgepackt wurde um dem Schiff einen anderen Trimm zu geben gelang es frei zu kommen und die Reise fortzusetzen. Der angenehme Nebeneffekt dieser Pause war, dass wir so gut nichts von der Strecke verpasst haben. Bei Sonnenuntergang hatten wir Katha verlassen und waren nur noch knapp 2 Stunden in die Dunkelheit gefahren bevor wir sanft gebremst wurden. Nach birmanischem Glauben kann derjenige ein Unglück heraufbeschwören, der danach fragt wie lange es noch dauert bis der Zielort erreicht ist. Zum Glück stellen wir uns diese Frage weder uns noch jemandem von der Crew und gehen frohen Mutes in den nächsten Tag der Fahrt, die eigentlich am Donnerstag Abend in Mandalay enden soll. Doch schon der erste Stop des Tages in Tigyaing dauert wohl länger als eingeplant, ein Pferd weigert sich beharrlich über die Planken an Bord zu gehen. Mit allen Tricks wird versucht das Tier zu überlisten, am Ende hilft dann viel „sanfte“ Gewalt indem es von mehreren Männern mehr oder weniger an Bord geschoben wird. Es ist immer schön zu sehen, dass all diese Unperfektheiten ganz gelassen gesehen werden und niemanden zu stressen scheinen. Selbst heute Morgen als ein Großteil der Ladung umgestaut werden mußte um das Schiff wieder flott zu bekommen war die Crew mit viel Lachen und Scherzen bei der Arbeit.
Das Glück blieb uns weiter hold, der planmäßige Stop in Kyauk Myaung am späten Abend wurde bis zum Sonnenaufgang am nächsten Morgen ausgedehnt. Damit kamen wir nicht nur in den Genuß einer weiteren Nacht an Bord sondern durchquerten bei Tageslicht den Bereich des Irrawaddy nördlich von Mandalay in dem noch ca. 70 Irrawaddy Delphinen leben sollen. Damit nicht genug, am Vormittag zeigten sich zwei dieser Delphine neben der Panlon während wir gemütlich auf unseren Hockern vor unserer Kabine in der Sonne saßen. Und natürlich haben wir wieder einen sehr interessanten Menschen kennengelernt, John aus Tasmanien ist schon viel in der Welt umhergereist und ein sehr angenehmer Gesprächspartner.

Müll und Slums am Irrawaddyufer in Bhamo


Viel Betrieb am Bootsanleger.

Auf der Promenade werden Kobras vorgeführt.

Aus meiner Skulpturensammlung

Aus dem normalen Leben

Die Panlon am Anleger von Bhamo.

Wir reisen komfortabel mit eigener Kabine.

Während die Mönche nur etwas höher sitzen als die “gewöhnlichen” Deckspasagiere.

Unterhalb von Bhamo glich das Flußtal mehr dem Wattenmeer

Was sich aber bald änderte.

Der erste Durchbruch des Irrawaddy durch einen Gebirgsriegel auf dieser Reise.

Immer wieder begegneten wir Bambusflößen, die das Bambus als Baumaterial flussabwärts bringen.




