Tage in Burma

(Überschrift geklaut bei George Orwell, Originaltitel: Burmesian Days)

Inzwischen sitzen wir auf dem Balkon des BAP Gästehaus in Houaixai in Laos und blicken wieder einmal über den Mekong, der jetzt bei sehr niedrigem Wasserstand ganz ruhig vor uns vorrüberzieht. Ebenso ruhig lassen wir all die vielen Eindrücke, die wir in den letzten Monaten in Myanmar gesammelt haben Revue passieren. Aus den zu Hause geplanten 28 Tagen Aufenthalt, die uns das Visum gestattete, waren am Ende 93 Tage geworden in denen wir so manche Ecke des Landes intensiver kennengelernt haben. Was uns am meisten beeindruckt hat ist die herzliche, offene und neugierige Freundlichkeit der Menschen im ganzen Land, die in einem so krassen Widerspruch zu den politischen Verhältnissen und dem korrupten Machtapparat steht. Uns sind alle Menschen (mit einer Ausnahme, dem Chef der Immigration in Bogalay) ohne jeglichen Argwohn begegnet. Wo sonst in der Welt kann man ein Motorrad mieten und es reicht dem Vermieter wenn man ihm sagt in welchem Hotel man wohnt, es gibt keinen Vertrag, keine Kaution, und bezahlt wird wenn man sich in drei Tagen wieder trifft um das Motorrad zurückzugeben. Hoffentlich wird dieser gute Glaube nicht irgendwann von irgendwelchen Touristen schamlos ausgenutzt. Ein Gedanke der sich sofort einstellt wenn man die Entwicklung in Thailand in den letzten 20 Jahren bedenkt. Wir sind so häufig auf Märkten, in Läden, Restaurants und Gästehäusern beschenkt worden. Manchmal wenn wir eine Kleinigkeit kaufen wollten, manchmal wenn wir uns, quasi als eine Art Stammgast, verabschiedet haben weil wir weitergereist sind.

Hoffentlich wird sich diese freundliche den Menschen zugewandte Art nicht wandeln wenn der Blick immer mehr auf die materiellen Güter gerichtet wird. Die Spiritualität nimmt in unterschiedlichen Formen einen großen Raum im Alltagsleben der Menschen ein. Das beginnt lange vor Sonnenaufgang wenn aus den Lautsprechern der Klöster die Lehre Buddhas durch die Orte schallt. Der morgendliche Almosengang der Mönche und Nonnen ist fester Bestandteil des Tagesablaufs. Auf den Märkten laufen überall DVD mit „Predigten“ bekannter Mönche. Diese DVD werden überall in großer Auswahl angeboten, wir haben auch einige als Souvenir im Gepäck, die wir mangels Laufwerk leider noch nicht anschauen konnten. Am augenfälligsten sind natürlich die zigtausend Pagoden, Tempel und Klöster überall im Land für die scheinbar keine Mühen und Kosten gescheut werden. Dies sind keine geweihten Orten wie die Kirchen bei uns, die nur zu besonderen Anlässen genutzt werden, sondern Bestandteil des Alltags. Dort spielen Kinder, dort ruht man sich im Schatten aus oder picknickt mit der ganzen Familie. Immer wieder schön fanden wir den Anblick wenn jugendliche Liebespärchen Hand in Hand in einen Tempel kamen, dort eine Weile gemeinsam vor dem Buddha beteten um dann wieder ihres Weges zu gehen.

Natürlich haben wir auch Schattenseiten gesehen, es gibt in einigen Gegenden bittere Armut, zu wenige und schlechte Schulen, ein schlechtes Gesundheitssystem und natürliche eine korrupte Diktatur, die mehr an der Ausbeutung des Landes zum eigenen Wohl als an dem Wohl der Bevölkerung interessiert ist. Von den Briten als künstlich geschaffener Vielvölkerstaat 1948 in die Unabhängigkeit entlassen sind die damit verbundenen Konflikte und Spannungen zwischen den Völkern und der ungeliebten Zentralregierung noch lange nicht überwunden. Recht nah dran waren wir an einem solchen Konflikt in den letzten Tagen in Hsipaw als es militärische Auseinandersetzungen zwischen den Kokang Rebellen und dem Militär der Zentralregierung gab, die zu sehr vielen Toten und tausenden Flüchtlingen führten. Der zivile Flughafen von Lashio, von dem aus wir an unserem letzten Tag in Myanmar zur Grenzstadt Tachileik geflogen sind, war kurzerhand in eine Militärbasis umgewandelt worden. Vor dem Wartesaal standen vier Kampfhubschrauber auf dem Rollfeld und wurden gewartet, kein schöner Anblick wenn man weis, dass sie vor nicht allzu langer Zeit Kampfeinsätze ein paar Kilometer weiter nördlich geflogen sind. Dies ist auch nicht unbedingt das Bild, das wir nach so langer Zeit als letzten Eindruck mitnehmen wollten. Leider ist auch dies eine Realität in Myanmar.

Aber es gibt ganz viel Hoffnung in diesem Land, dass sich die Verhältnisse bessern können. Es gibt ganz viele junge motivierte Menschen, die zurzeit weit unter ihren Potentialen leben und arbeiten und die darauf brennen zu lernen und sich weiterzuentwickeln. Und es gibt so unheimlich viele herzliche und liebe Menschen in diesem Land, von denen wir eine große Zahl getroffen haben. All diesen Menschen wünschen wir von ganzem Herzen, dass die derzeitige Entwicklung sie nicht enttäuschen möge.

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