Very bumpy ride

Wir kamen uns ein wenig wie Weicheier vor als wir uns für Plätzen in der Upper Class entschieden, denn hier gibt es im Gegensatz zu den Holzbänken in der Ordinary Class etwas weichere PKW Sitze, die uns für den „very bumpy ride“ geeigneter schienen. Um es vorwegzunehmen, wir haben diese Entscheidung nicht bereut, denn die Formulierung „very bumpy ride“ ist wohlwollend diplomatisch gewählt. So manches Mal habe ich mich gefragt wieviel mehr an Querbeschleunigung noch gebraucht wird damit ein Waggon aus den Gleisen hüpft. (Anmerkung vom 9.1.15 – in Myeik haben wir einen Reisenden getroffen der dies erlebt hat, seine Fahrzeit hatte sich dadurch auf 22 Stunden erhöht. Ihm hat man erzählt, dass so etwas ca. einmal die Woche passiert.) Diese ca. 170 km lange Strecke von Ye nach Dawei wurde erst Mitte der 1990er Jahre gebaut, wohl um Baumaterial für die Gaspipeline vom Golf von Mottama nach Thailand sowie Soldaten in das Gebiet zu bringen. Es gab internationale Proteste nachdem bekannt wurde, dass die Arbeiter aus der Bevölkerung zwangrekrutiert wurden und in Arbeitslagern leben mußten. Die Zustände waren wohl denen beim Bau der Death Railway durch die Japaner (s.a. Die Brücke am Kwai) nicht unähnlich. Nun sind wir auf dieser Strecke unterwegs, einerseits neugierig aber andererseits auch in dem Bewußtsein was hier für eine Schinderei stattgefunden hat. Wie schwierig es gewesen sein muss diese Strecke zu bauen wird ständig deutlich, denn wir fahren die meiste Zeit durch eine Art grünen Tunnel. Wobei der Begriff Tunnel nicht wirklich stimmt, denn die Büsche und Äste schrammen ständig an der Zugwand und auf dem Dach entlang. Oft scheint sich der Zug seinen Weg durch ein Unterholz bahnen zu müssen. Ein Fensterplatz ist nicht ganz unproblematisch denn immer wieder schlagen Zweige durch die Fenster hinein, die praktischweise keine Scheiben haben. Dies ist nicht wirklich gefährlich, eher nur unangehnem, da der Zug selten schneller als 30 km/h fährt. Ein Reisebericht warnt davor, sich mit dem Fotoapparat aus dem Fenster zu lehnen, denn der nächste Bambusbusch wird ihn einem mit Sicherheit aus der Hand schlagen. Auch den militärischen Aspekt bekommen wir zu sehen, denn die Gegend südlich von Ye gilt als unsicher weil es immer wieder zu Überfällen durch irgendwelche Räuberbanden kommt. So steigen ca. 30 km südlich von Ye jede Menge Soldaten zu, die mit Sturmgewehren bewaffnet Position in den Türöffnungen der Waggons beziehen. Mit dieser „Sicherung“ geht es die nächsten 50 km durch die Berge, die wir glücklicherweise ohne Zwischenfall passieren können um dann den Rest der Strecke ohne diesen Begleitschutz zurückzulegen. Die letzen beiden Stunden geht es durch die Dunkelheit, die spärliche Innebeleuchtung wirft nur ein schwaches Licht auf die Büsche und hohen Gräser, die unmittelbar an den Fensteröffnungen vorbeiziehen, was dem Ganzen eine sehr ungwohnte, ja geradezu surrealistische Atmosphäre gibt. Nach fast 9 Stunden Fahrt erreichen wir gegen 20 Uhr den Bahnhof von Dawei.

Station Manager, Beate und Deputy Station Manager (v.l.n.r.) im Bahnhof von Ye

Unser Zug

Ein junger Pasagier

Die meiste Zeit geht es durch dichtes Grün.

Auf einem Teil der Strecke wurde der Zug von Soldaten begleitet.

Dieser kümmerte sich aber mehr und ganz liebevoll um sein Huhn …

Varietereif – unfaßbar wie diese Frau ein Tablett mit Speisen auf dem Kopf durch den vollbesetzten, rockenden Zug balanciert.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert